Auch wenn sie die Medien selbst angreifen, sind PopulistInnen und RechtspopulistInnen sehr erfolgreich in den Massenmedien. Massenmedien und Populismus sind miteinander besonders kompatibel weil die Logik der Massenmedien und die Logik des Populismus durch die hohe Emotionalisierung, Polarisierung und Komplexitätsreduktion systemisch affin sind. Populismus dient als Brücke zwischen rechtsextremen Ideologien und demokratischer Öffentlichkeit. Auf der Basis massenmedialer Vermittlung verschiebt und polarisiert Populismus die demokratische Öffentlichkeit und die politische Kultur.
Knock Out
In der letzten Juniwoche 2017 überraschte Donald Trump mit einem Video, das er per Twitter verbreitete. Man sieht einen Mann im Anzug, der eindeutig als der aktuelle Präsident der USA zu erkennen ist. Der Mann prügelt auf einen anderen, ebenfalls im Anzug, ein. Trump schlägt den Mann zu Boden. Erkennbar ist sein Opfer nicht. Denn auf seinem Kopf erscheint das Logo des Fernsehsenders CNN. Dieses Video wurde einige Tage zuvor auf dem rechtsradikalen Internetforum »Reddit« gepostet. Das Video machte Karriere in den Zirkulationsdynamiken der Massenmedien und wurde von Trump selbst auf seinem persönlichen Twitter-Account gepostet, anschließend versendete der Präsident dasselbe Video durch den offiziellen Präsidenten-Twitter-Account Potus.
Dabei handelt es sich um die Manipulation eines älteren Videos aus dem Jahr 2007, bei dem Trump als Celebrity der Reality-Shows auftaucht und den Chairman des Medienunternehmens World Wrestling Entertainment Vince McMahon verprügelte. Das Video sollte für die Unterhaltungsfirma werben und radikalisierte die Tendenzen der kommerzialisierten Massenmedien zu Vermischung von Realität und Fiktion, Verwischung zwischen Öffentlichem und Privatem, und Vermengung von Politik und Unterhaltung. Das auf Youtube verfügbare Originalvideo skalierte sogar das Erniedrigungsritual mit dem Kopfrasieren von McMahon zum Höhepunkt der Inszenierung. (Erniedrigungspraxen sind nicht selten in Reality-TV-Shows). Das Publikum bekommt das Gefühl, unmittelbar dabei zu sein, denn das Video erscheint als ungefiltertes rohes Material. Hier werden die massenmedialen Aufmerksamkeitsregeln deutlich: das Gefühl von Unmittelbarkeit, Skandal, Außergewöhnlichem, die agonale Struktur des Geschehens, Emotionalisierung, Dramatisierung, Unterhaltung, Komplexitätsreduktion und Personalisierung.
In dem von Trump geposteten Video ist die Szene der Kopfrasur nicht mehr zu sehen. Stattdessen sendet er aber eine klare Botschaft: Ein Präsident schlägt die Verkörperung des Fernsehsenders CNN zu Boden. CNN wird als Stellvertreter für die Massenmedien und für den Journalismus vom Präsidenten verprügelt, weil der Sender angeblich »Fake News« produziert. Auf dem Präsidenten-Account heißt es sogar #FraudNewsCNN. In der Tat ist dieses Video eines der Elemente, mitttels derer Trump versucht, die Massenmedien und die Journalisten im Lande zu diskreditieren.
PopulistInnen sind dafür bekannt, keine Mediation zwischen Führer/in und Volk zu wollen. Für sie erscheinen Parteien, politische Institutionen und auch die Massenmedien als Mediatoren, die den Volkswillen und die Volksmeinung verzerren. Auch Rechtsextremisten greifen die Massenmedien und die demokratische Öffentlichkeit an. Ihre Gründe sind nicht mit denen der PopulistInnen identisch, jedoch mit ihnen kompatibel. Rechtsextremisten wenden sich gegen die demokratische Öffentlichkeit und bauen nicht selten Gegen-Öffentlichkeiten auf. Populismus und Rechtsextremismus treffen sich im Fall des Rechtspopulismus. In der Tat werden Trumps Angriffe auf die Massenmedien stark von den rechtsradikalen Medien unterstützt. Der rechtsradikale Medienkonzern Breitbart News ist dafür bekannt, die etablierten Medien als »Fake News« zu diskreditieren. Auch das manipulierte Video von Trump ist zuerst in einem rechtsradikalen Forum erschienen und dann vom Präsidenten gepostet worden. Die neue Version des Videos wurde zur Sensation nicht nur in Blogs und sozialen Medien, auch die etablierten Massenmedien wie die Fernsehsender CNN, MSNBC oder Fox, Radiosender und Zeitungen kommentierten die skurrile Kommunikation des Präsidenten. [...]