Das Ende sieht aus wie der Anfang oder umgekehrt: Oh happy Day beginnt oder endet mit dem statischen Blick auf die Frauenkirche und andere Münchner Wahrzeichen. »Die Jugend ist wie die Sonne um acht oder neun Uhr morgens… Unsere Hoffnung liegt auf euch!« heißt es in den Worten von Chairman Mao, und dazwischen wird es turbulent: Der Film ist der erste von drei, 1970 binnen Jahresfrist gedrehten deutschen Filmen von Zbynek Brynych, dem tschechischen »Ausnahmekönner« (Fritz von Thurn und Taxis). Der Film ist nach dem nach dem gleichnamigen Gospel benannt, das, Brynych-like, immer wieder ertönt, und er erzählt die Emanzipationsgeschichte des Mädchens Anna (Anna-Marie Kuster), der mit der programmatischen Fantasie beginnt, das Lehrschwesterornat im Unterricht in der Klosterschule könnte eine sexy Verkleidung sein. Zu den vielen, schönen, deliranten Szenen des Films gehört ein Besuch im Fußballstadion: Bundesliga, Bayern gegen Aachen, noch im alten Gelände an der Grünwalder Straße (der Bau des Olympiastadion beschäftigt Annas Vater bei seinen beruflichen Plänen). Volles Haus, alles Stehplätze, die Brynychs Kameramann Josef Vaniš in ihrer ganzen Erregtheit beobachtet; dem Spiel guckt er als Kampf mit dem Matsch eher auf Höhe Schienbeinschoner zu. So desinteressiert an Ergebnissen hat man Fußball noch nicht gefilmt gesehen, aber dann sitzt Anna nach dem letzten Schnitt aus dem Stadion plötzlich vor heimischen Fernseher, und der Nachrichtensprecher verkündet das Ergebnis: 6:1.
In der in diesem Frühjahr ausgestrahlten dritten Staffel von Noah Hawleys Serie Fargo wird mit jedem Ende eines 10 Episoden umfassenden Zyklus klarer, warum immer wieder begonnen werden muss. Jede Staffel ist eine Variation des ursprünglichen Settings – eine (schwangere) Polizistin kommt durch hartnäckiges Ermitteln und kluges Kombinieren einem dilettantischen Verbrechen auf die Spur, in das neben Laien brutale Gangster verstrickt sind. Mittlerweile wird aber nicht mehr nur von persönlicher Bereicherung erzählt, Season 2 und 3 lassen sich vielmehr als Parabeln auf den Finanzkapitalismus verstehen. In der zweiten Staffel endet eine Auseinandersetzung zwischen einer altmodisch operierenden deutschen Einwandererfamilie und einem filialistisch sich ausbreitenden Gangster-Syndikat am Ende der siebziger Jahre (Ronald Reagan als Förderer des neoliberalen Zeitalters quert im Wahlkampf den Film) mit dem Sieg für den Agenten des Syndikats. Dieser Mike Milligan (Bokeem Woodbine), ein Romantiker, malt sich seinen Empfang im Konzern als cäsarischen Triumphzug aus – und kriegt doch nur ein schmales Büro mit Schreibmaschine zugewiesen mit dem Hinweis aufs Prämiensystem und den Wunsch nach Neuerervorschlägen zur Effizienzverdichtung im Verbrechensmanagement. In Staffel 3, die 2010 spielt, also unmittelbar nach der Finanzkrise, ist der Superbösewicht namens V. M. Varga ein bulimischer Sacktreter mit schlechten Zähnen und ebensolchen Anzügen (David Thewlis), der die Geschäfte eines Parkplatzbetreibers infiltriert und aushöhlt wie ein Virus. Während sich der Parkplatz-König (Ewan McGregor) mit den Isignien des Wohlstands schmückt (Haus, Auto) bleibt der Superreichtum von V. M. Varga so verborgen wie das Geld, um das es geht. […]