Ohne Twin Peaks (1991–1992) wäre der Siegeszug der Fernsehserien von HBO, Netflix und Co. nicht denkbar. Dass die Serie 25 Jahre nach der Erstausstrahlung eine Fortsetzung findet (oder gar ein Ende? Ein Happy End?!), ist daher schon Ereignis genug. Sie ist das Inbild der Scheinheiligkeit im Herzen der weißen amerikanischen Provinz und der Abgründigkeit ihrer Träume in 50er-Jahre-Ästhetik. David Lynch wäre nicht David Lynch, wenn nicht die Wirklichkeit im Film mit der Wirklichkeit des Filmemachens zu einem Konglomerat verschmelzen würde. War die Serie 1991 noch eine auf ein transzendentales Niveau gehobene Highschool-Tragödie, erfahren wir jetzt, dass sich der ein oder andere Rowdy zum Dorfpolizisten gemausert hat. Auch der sympathische Agent Dale Cooper ist nicht mehr ganz der Alte. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes de-ment, weil sein Verstand zwischenzeitlich in der geheimnisvollen »Black Lodge« steckenblieb, wohingegen sein Körper im Maßanzug unversehrt durch eine Steckdose hindurch in die Realität zurückgekehrt ist.
Bezeichnend für die Faszination, die von der Erfahrung von Anfang und Ende ausgeht, ist eine Szene zu Beginn der neuen Staffel. Agent Dale Cooper ist außerstande, selbstständig Sätze zu bilden oder Dinge zu tun – außer, wie eh und je, mit großem Genuss Kaffee zu trinken. Er wiederholt lediglich die jeweils letzten Worte und Gesten seines Gegenübers. Das führt nicht nur zu den absurdesten Dialogen, sondern auch zu einem Jackpot-Gewinn. Als er sich durch Zufall in einem Casino in Las Vegas wiederfindet, sieht er, wie ein Mann an einem einarmigen Banditen einen Gewinn erzielt. Die Münzen prasseln aus dem Automaten, der Mann ruft freudig »Hallooo!«. Cooper zögert nicht lang, setzt sich an einen Automaten, zu dem ihn ein übersinnliches Zeichen zu führen scheint, und wiederholt die Geste des Mannes. Er skandiert »Hallooo«, betätigt den Hebel – und die Münzen klimpern. Es scheint, als begrüße oder beschwöre dieses Grußwort nicht nur das Heran- nahende, sondern auch eine genuin neue Situation. Hallo ist der freudige Ausruf, wenn man etwas bekommt – oder aber eine ungestüme Forderung, wenn man etwas bekommen will. Neben dem Ausdruck von Unverständnis kann »Hallo« auch zum Ausruf der Entrüstung werden. Trump ist Präsident? Hallooo!