Das Endspiel ist die triumphale Kapitulation des modernen Dramas. Hier geht gar nichts mehr, und zwar schon seit vor-vordenklichen Zeiten. Anfang und Ende scheinen nie gewesen zu sein, weil alles in einer ziellosen Schleife stagniert: ein blinder Gelähmter, ein Steifbeiniger Diener, ein altes Paar ohne Beine, das bis zur Hüfte in Mülltonnen feststeckt. Mechanisch eingespielte, triviale Routinehandlungen, Dialoge, die sich um Nichtigkeiten drehen. Die Personen aufeinander angewiesen, aber einander verachtend. Zum Schluss mündet es in eine quälend sinnlose und zugleich lachhafte, witzige Schlussszene, in der Herr und Diener auseinander gehen, in der also die auf Null reduzierte Handlung sich nicht einmal mehr dreht, sondern stehen bleibt.
Nach wie vor ist Beckett der unübertroffene Meister aller Dystopien. Im Filmgenre scheinen sowohl die Untoten als auch ihr menschliches Grundnahrungsmittel derzeit so lebenshungrig zu sein wie nie zuvor. Auf der Skala von Spannung und Figurenpsychologie steht The Walking Dead am einen, Endgame am anderen Ende. Die Figuren haben zwar auch hier eine minimale Psychologie, einen Antrieb (z. B. mit dem Sessel genau in der Mitte des Raumes zu stehen …), doch der zielt ins Nichts und das wissen sie genau. Die Rettung, die das Stück als Zeitdiagnose seiner Gegenwart (die Londoner Uraufführung war vor genau sechzig Jahren) dennoch vorführt, liegt, das wusste schon Adorno, in der Schönheit der Abstraktion: Wenn Handlung in Lähmung verfällt und Sprache ohne Sinn auskommt, wird das Geschehen auf der Bühne zur reinen Bewegung, zur Choreographie, zum Arrangement, zur Abfolge von streng reglementierten Abläufen (man weiß von Becketts peinlich akribischem Inszenierungsstil): formal absolut fixiert, inhaltlich absolut leer. Wie komponierte Musik. Vielleicht wie die, die Philipp Glass dazu geschrieben hat.