Flora ist tot, Selbstmord. Ein Ende also am Anfang. Wobei, stimmt nicht genau: Die erste Szene ist ein Traum und da ist sie am Leben, die Beziehung zu ihrem Mann, Darius Kopp, beginnt gerade erst. Dann aber erfährt man: Ende und vorbei. Für Kopp ein Anfang, ein Aufbruch zu einer Reise durch Osteuropa, die Asche von Flora auf dem Beifahrersitz. Nach gut achtzig Seiten Roman, dessen Seiten in der Mitte geteilt sind, ein zweiter Anfang: Flora, zwar tot, beginnt nun doch wieder zu sprechen. Sie hat ein digitales Konvolut mit Tagebuchnotizen hinterlassen, das Kopp jetzt liest und auch der Leser, die Leserin zu lesen bekommt. Es erzählt von Floras Anfängen in Deutschland, wohin sie aus Ungarn gekommen ist, und es erzählt von der Zuspitzung ihrer Situation, ihrer Depression, dem Weg zu ihrem Ende in drei Etappen. Kopp muss den Text immer wieder zur Seite legen: In Floras Gefühlsleben kommt er kaum vor. Die Beziehung für ihn eine Erfüllung – das Ende, der Zweck seines Lebens – ist Flora nur wenige Bemerkungen wert. Fast nichts schreibt sie über Kopp, den sie wie die anderen Personen, die in ihren Notizen vorkommen, mit dem Anfangsbuchstaben seines Vornamens abkürzt: D.
Kopp langt schließlich in Athen an. Griechenland, ein Anfang europäischen Denkens. Doch Kopp ist am Ende, im Delirium. Er steht vor einem Regal, an dem mit einer Reißzwecke das Bild eines griechischen Denkers befestigt ist: Empedokles, der sich in den Ätna stürzte. Kopp macht sich auf den Weg, nach Italien, auf zum Vulkan. Ist Floras Ende auch Kopps Ende? Oder ist die Flucht zum Ätna ein Traum wie die erste Szene, spricht das Delirium? Am Anfang und am Ende des Romans bleiben die unteren Hälften der Seiten weiß. Man kann das als Ende lesen, als Schweigen, Verstummen. Oder als Anfang, als die Möglichkeit des Sprechens, als die Hoffnung auf einen Anfang, auf die weiße Seite: Hier könnte es doch weitergehen für D. Schließlich ist der Roman der zweite Teil einer Trilogie. Weder Anfang noch Ende: Dazwischen.