Jay-Z hat mit 4:44 sein 13. Studioalbum veröffentlicht. Es hört sich nach einem Neuanfang an: Die Fehler nicht wiederholen, die man in der Musik und im Leben gemacht hat und überhaupt, sorry, sorry, sorry. Es ist nicht schwer, sich ein bisschen darüber lustig zu machen, dass Hov in den späten 40ern plötzlich zum bürgerliche Leben erziehen möchte: Kreditwürdigkeit statt Stripclub (The Story of O.J.), Soulmate statt Threesome (Kill Jay-Z), Kumbaya statt Kanye. Aber 4:44 ist ein großartiges Album. Begleitet wird es von einer Reihe von Musikvideos, die ähnlich wie bei den Videos zu Lemonade (Beyoncé) oder DAMN (Kendrick Lamar) mehr visuelle Essays, Poesie und unbedingte politische Forderung sind als klassische Musikvideos.
4:44 ist ein Album, das Jay-Z, zwischen Kunstfigur und Mensch, als erfolgreichen Produzenten, Unternehmer, Musiker und Aktivist, verortet. 4:44 bündelt in einer Erzählung die Geschichten persönlicher Veränderung (Kill JAY-Z), die Freiheit eines Coming Outs (Smile), klagt die fortwährende Unsichtbarkeit schwarzer Kulturschaffenden an (Moonlight) und die Unerträglichkeit eines seit dem amerikanischen Bürgerkrieg überdauernden Rassismus (The Story of O.J.). 4:44 besitzt nicht die politische Schlagkraft und Wut von DAMN (Kendrick Lamar), aber ist in der aufrichtigen Alltäglichkeit, die es abbildet, aktivistisch. In 4:44 hat Besitz nicht mehr den Wert von Status, die noch in JAY-Zs letztem Album Magna Carta – The Holy Grail im Vordergrund standen. Finanzielle Freiheit bedeutet in 4:44 Emanzipation, soziale Verantwortung, die Verpflichtung solidarisch in eine geteilte Stärke zu investieren. Shawn Carter wird voraussichtlich der erste self-made Billionär im Hip-Hop sein. Auf der Forbes Liste der reichsten Männer im Hip-Hop konkurriert JAY-Z mit Diddy um den ersten Platz. In 4:44 tritt das Wettrennen in den Hintergrund: »What’s better than one billionaire? Two. ’specially if they’re from the same hue as you.« (Family Feud)