Matthias Dell
Er ist es
Jenseits der Donnerkuppel: Mad Max III
Mel Gibson hat die »Passion Christi« nicht an einem Tag erschaffen. Den langen Weg ans Kreuz der werktreuen Bibelverfilmung beschritt Gibson im Prinzip von Anfang an, also auch schon in den Filmen, in denen er nur Darsteller und noch nicht Regisseur seiner Figuren war. Anders gesagt: »Mad Max« ist bloß ein anderer Name für Jesus. Teil eins der Trilogie, die Gibson bekannt gemacht hat, legitimiert die Figur des Rächers durch, ganz die alttestamentarische Schule, den Mord an der Familie. Deshalb muss Teil zwei nicht mehr erklären, warum der Gesetzeshüter sich um das Gesetz nicht zu scheren hat, wenn er die schwer erschütterte zivilisatorische Ordnung aufrechtzuerhalten versucht. Die Fronten sind klar, und Mad Max kämpft zwangsläufig auf der Seite der Guten. Zum wahren Erlöser wird er aber erst in Teil drei, »Jenseits der Donnerkuppel« von 1985, Regie wie bei den beiden Vorgängern: George Miller.
Am Anfang irrt Gibson in Sackleinen durch die Wüste wie ein Prediger, die Haare sind während des Marschs in die post-apokalyptische Zukunft auf Jesus-Länge gewachsen, und nach Bartertown, einem futuristischen Sündenbabel, zieht es ihn nur, um schließlich aus der Stadt verbannt zu werden: Mad Max hatte sich zwar klaglos in die Dienste der funky Herrscherin Aunty Entity (Tina Turner) stellen lassen, scheute es aber, eine Art neutestamentarische Wendung, dem am Boden liegenden Konkurrenten, alternativen Energieversorger (Methan!) und Aunty-Gegner »Blaster« in der Titel gebenden Donnerkuppel – eine Mischung aus Gladiatoren-Arena und modernem Medienkosmos – den Todesstoß zu versetzen. So landet Max wieder in der Wüste, wo er von einer fidelen Kinderkommune gefunden und als – einem lang erwarteten Piloten ähnlich sehenden – Heilsbringer erkannt werden kann: »It’s him.« Maxens Name spielt keine Rolle, er ist Gott und Gottes Sohn zugleich, und opfert sich am Ende, damit die Kinder zurück in die verwaisten Städte ihres imaginierten Paradieses fliegen können. Dort führt der erste Weg in die Kirche: We don’t need another hero, solange wir Mel Gibson haben. Es darf gebetet werden.
Mad Max, Jenseits der Donnerkuppel, DVD, Warner, Darsteller: Mel Gibson, Tina Turner, Bruce Spence, Regisseure: George Miller, George Ogilvie, 102 Minuten.