Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #8: Unterm Strich



EDITORIAL

 
Peter Siller, Bertram Keller
Editorial



PRÄMIE

 
Kai Dröge/Sighard Neckel
Leistungsbilanzen
Ein Deutungsmuster verflüchtigt sich – und bleibt umkämpft
 
Ulrich Bröckling
Der Flaschensammler
Portrait eines Urban Entrepreneurs
 
Jan Wulf-Schnabel
Geschlechterkampf im Discounter
Was heißt lidlgerechte Leistung?
 
Jens Balzer
Endlos verlängertes Glück
Leistungsverweigerung in der Popmusik
 
Bertram Keller
Totes Geld
Zehn Thesen für ein neues Erbrecht
 
Carsten Köllmann
Lohn und Brot
Einkommensgerechtigkeit als Leistungsgerechtigkeit
 
Interview Alice Creischer
»Nicht-effiziente Visualisierung«
 
Anna-Catherina Gebbers
Malen nach Zahlen
Wertsysteme und Leistungsverständnis auf dem Kunstmarkt
 
Der wahre Text: >Leistungsprämie<
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Allez allez allez!<



PHANTOM

 
Stefan Gosepath
Anstrengung und Markt
Der Widerspruch der Leistungsgerechtigkeit
 
Ist es links? >Leistungsgerechtigkeit<
 
Ralf Obermauer
Minderleister der Legitimation
Die rätselhafte Kraft der Leistungsrede in der politischen Arena
 
Walter Pfannkuche
Jenseits von Neid und Habgier
Wie wir uns überzeugen können, dass wir verdienen, was wir verdienen
 
Michael Miebach
Schwitzen und Denken
Die Notwendigkeit eines positiven Leistungsbegriffs für die SPD
 
Christian Neuhäuser
Gestatten: Elite?
Eine Inspektion der Leistungsmisere
 
Patrick Bahners
Haltung muss sich wieder lohnen
Guttenberg im Wahlkampf
 
Interview Martin Lindner
»Das gehört tatsächlich alles dazu«
 
Claus-Martin Gaul
Die Linke und die Leistungsträger
Oppositionspolitik in der Umverteilungsfalle
 
Hannes Grassegger/Lukas Rühli
Leistung oder Marktwert?
Wir jagen ein Phantom
 
Michael Hartmann
Die Auserwählten
Auswahlverfahren an amerikanischen Elite-Universitäten
 
Franziska Stoltze/Lucas Guttenberg/Sebastian Kraus
Am Rande des Wahnsinns
Vom Leistungsbegriff an sogenannten Elite-Hochschulen
 
Christoph Raiser
Mein halbes Jahr: >Musik<
Le Chevalier de Rinchy – AU – Girl Talk
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: >Film<
Defamation – A serious Man – Up in the Air – Scarlett Street – Zweiohrküken
 
Alban Lefranc
Mein halbes Jahr: >Literatur<
Samuel Beckett – Alfred Döblin – Olivier Le Lay



PILLE

 
Thomas Biebricher
Mit Gott kann ich alles erreichen
Religion als Technik der Leistungssteigerung
 
Michael Gamper
Agenten des Unauffälligen
Zur Genealogie der Dopingmoral
 
Greta Wagner
Leistung aus Leidenschaft
Zum sozialen Umgang mit Cognitive Enhancement
 
Ilja Braun
Schleichende Enteignung?
Zum Schutz journalistischer und verlegerischer Leistung
 
Urich Bröckling
Sinncontainer: >Exzellenz<
 
Susann Neuenfeldt/Simon Strick
Hallo Karthago/Hallo Rom: >Mangelwirtschaft<
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Leistungsgrenze<



SCHÖNHEITEN

 
Judith Karcher
Die Wette
Desperado: Tarantino als Seher der Finanzkrise
 
Anna Sailer
Unterm Strich
Werbende Antworten bei der Postbank: Fragen bei Agota Kristof
 
Johannes Kleinbeck
Tanz auf dem Seil
Was soll ich sagen? Werner Herzogs Lebenszeichen
 
Christoph Raiser
Ausrutscher
Höchstleistung ohne Arbeit: Gaston Lagaffe von André Franquin
 
Michael Eggers
Das Boot
Großtat mit Tortenschlacht: Sloterdijk, aufgespießt vom pathos transport Theater
 
Franziska Schottmann
Der Zeuge
Die Wiederkehr des Verdrängten: La Sentinelle von Arnaud Desplechin
 
Kendra Briken
Metropole im Kopf
Woher Du kommst: Stephan Thomes Roman Grenzgang
 
 

Tim Caspar Boehme

Remmidemmi

Spaßhaben als Leistungsprinzip: Deichkind zur Arbeitsgesellschaft


Hier wird es also noch einmal eingefordert, das Recht auf Faulheit. Zumindest vordergründig. Die Fiktion einer Flucht vor den ringsum immer gnadenloser anziehenden Leistungsschrauben kommt bei der Band Deichkind in allen Gestalten zu Wort. Da sind auf der einen Seite die »Priester, Putzfrauen, Pizzabäcker, Proktologen«, denen eine Überzeugung gemein ist: »Arbeit nervt«. Freilich stammt diese formelartig wiederholte Abneigung gegen Lohntätigkeit aus der Innenansicht der Arbeitsgesellschaft. Während sie ihren geregelten Dienst tun, sehnen sich die Beschäftigten kräftig nach »Druckbetankung durch den Trichter« oder träumen von »FKK in Rockstarposen«. Und statt den Kram einfach hinzuschmeißen, spornt sich die arbeitende Bevölkerung mit ihrem »Arbeit nervt«-Mantra zu stets neuen Leistungen an, in der Hoffnung, dass es irgendwann doch einmal kommt, das große Remmidemmi.

Die Perspektive des sozial Ausgegrenzten mit leerem Konto und Kühlschrank hingegen wird jenseits der regulären Strophen ins Zwischenspiel ausgelagert, ironischerweise mit einer Hommage an den Achtziger-Heuler »Mr. Roboto» von Styx, ein Song über rührend altmodische Automatisierungsfantasien vom modernen Maschinenmenschen. Dass er die Folgen solcher Rationalisierungswut nun am eigenen Leib zu spüren bekommt, macht dem Mittellosen jedoch »nichts aus«, als Zuflucht bleibt ihm das Fernsehprogramm mit Moderatorin »Sonya Kraus«.

Das alles hat mit naiver Glorifizierung von Nichtstun eher wenig zu tun: Bei der Electric-Super-Dance-Band Deichkind, deren Konzerte für entgrenzungsfreudiges Bühnengeschehen bekannt sind, bedeuten Unterhaltung und Freizeitwerterhöhung harte Arbeit, ihre demonstrativ zur Schau gestellte Orgienwütigkeit ist allerprofessionellstes Showgeschäft. Mit ihrer Musik und Bühnenshow widersprechen sie damit aufs Energischste der Botschaft ihres Songs »Arbeit nervt«: Was sie da tun, ist zwar anstrengend, doch genervt sind sie davon keinesfalls. Auch Spaßhaben folgt längst dem Leistungsprinzip.





 
Daniel Loick
Der traurige Souverän
Anarchistisches Manifest: Spike Jonzes Where the wild things are
 
Peter Siller/Stephan Ertner
Kein Zeigefinger, nirgends
Der Humanist des Punk: Farin Urlaub


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