Da nichts so sehr von vorgestern ist wie die Technologie von gestern, hinken die Symbole für den technischen Forschritt ihrer Realität oft hinterher. Noch in Betrieb sind Zugabteile der Deutschen Bahn, in denen mit kleinen Schildern auf die Möglichkeit, hier mit Stromanschluss zu arbeiten, hingewiesen, aber gleichzeitig vor zu großen Erwartungen gewarnt wird: Eine Stromleistungsobergrenze benennt den Spielraum für die Nutzung dieser Arbeitsoption sehr präzise. Das stilisierte technische Gerät symbolisiert eine wahrscheinliche und erwünschte Nutzung. Im Ergebnis zeigt das Zeichen mit einem gewissen Nachdruck für dieses noch nicht ganz offensichtliche Faktum an: Hier ist, in gewissen technischen Grenzen, ein Arbeitsplatz.
Wie überholt diese Symbolisierung schon wenige Jahre später ist, ist nicht zu übersehen: So schaut kein Computer mehr aus, und die Ära der dicken Kabel geht längst ihrem Ende entgegen. Die technischen Mittel, die der Verkehrsbetrieb hier stolz zur Verfügung stellt, sind längst keine notwendigen Bedingungen mehr dafür, immer und überall selbst hochkomplexe Prozesse zu bearbeiten; das Großraumabteil ist längst vollständig zum Büro geworden. Mit dieser Entgrenzung ist aber auch die Grenze gefallen, die hier auf dem Schild noch ausdrücklich dargestellt ist. Da sich die technischen Möglichkeiten verändert haben, gibt es auch keine Hindernisse mehr, keine Leistungsgrenze. Ob und wie viel hier an diesem Platz gearbeitet werden kann, wird nicht mehr von objektiven Bedingungen diktiert, dies ist nun eine subjektive Frage, eine Frage des Leistungswillens.
Das anachronistische Schild, dessen Bildsprache so deutlich von gestern ist, speichert das von dort aus gesehen Ungewöhnliche und Neue dieser Situation, das kaum mehr bewusst ist. Denn für die heutige Lage gibt es noch keine triftigen Bilder, weil die Grenzen des Leisten-Könnens weniger objektiv und schlechter darstellbar sind: Wer heute im Abteil nicht arbeitet, ist selbst schuld daran.