Philine Velhagen und das Münchner pathos transport Theater haben Peter Sloterdijk beim Wort genommen und sind ans Eingemachte gegangen: an die aufgestaute Wut des Menschen, an seine Urtriebkraft, die viel zu lange verniedlicht und ausgebremst worden ist. Das empfinden zumindest die beiden in diesem Theaterstück auftretenden Männer so, die sich folgerichtig an eine entsprechende Selbsttherapie machen. Etwas Großes muss es sein, etwas Gewaltiges muss geschehen: Sie nehmen sich vor, »Das Boot« zu klauen, das Modell des U-Boots in Lebensgröße, das in der bekannten Verfilmung benutzt wurde und seitdem auf dem Gelände der Bavaria-Filmstudios ausgestellt wird. So könnten sie nicht nur versunkene Energien wieder ans Licht bringen, sondern auch zu wahren Helden des Alltags werden.
Velhagen und ihre beiden Hauptdarsteller testen also die Philosophie im echten Leben. Sie haben deshalb nicht nur eine dramatische Handlung entworfen, die Sloterdijks gefällige Zornesthese als die ganz normale Neurose des Mannes entlarvt, sondern zugleich eine umfangreiche, logistische Planungs- und Recherchearbeit unternommen, um besagte Großtat realistisch durchzuspielen. Ausführliche Telefonate undercover mit den Bavaria-Studios, Beratungen durch einen Anwalt und Kostenkalkulationen: Wie sind die Gegebenheiten vor Ort? Was riskieren wir auf der rechtlichen Seite? Wie hoch sind die Mietgebühren für einen Kran, für einen Sattelzug mit Auflieger, für die Blockadefahrzeuge etc.? Das Stück spielt diese konkreten Vorbereitungen nach und dokumentiert damit die rationale Planung des Irrsinns. So liefert es den passenden theatralischen Kommentar zu Sloterdijks nicht ganz ressentimentfreiem Gewese vom Thymos: Wenn die beiden Helden zu Sloterdijk-Zitaten den Bruce Willis geben, sich streiten, wenn sie eine Zornbank aufbauen, mit deren Kapital sie Geschichte schreiben wollen, dann werden uns die thymotischen Energien fast sympathisch – bis hin zur finalen Tortenschlacht, bei der weniger die Gesichter, als die eigentlichen männlichen Energiezentren getroffen werden…