





polar #13: Aufstand
EDITORIAL
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SCHÖNHEITEN
Kristin Amme/Silvan PollozekHörbare RevolutionJeder darf mitspielen: Das Kunstprojekt #tweetscapes | Der Hörsinn ist der einzige menschliche Sinn, der niemals schläft. Das Ohr reagiert siebenmal schneller als das Auge und differenziert wesentlich feiner. Ein Geräusch kann uns aufmerksam machen auf Dinge, die wir sonst vielleicht übersehen würden. Diese Erkenntnis macht sich die Technik zunutze (siehe Einparkhilfe), aber auch die Kunst: Mit #tweetscapes ersann der Klangkünstler Anselm Venezian Nehls für DeutschlandradioKultur ein Programm, das seit Oktober 2011 den abstrakten Datenstrom des Kurznachrichtendienstes Twitter in Klänge und Bilder umwandelt und damit in Echtzeit abbildet, wie sich Gesprächsthemen im Social Web entwickeln. Hunderttausende Nutzer twittern Tag für Tag Nachrichten zu allen möglichen Themen. Der #tweetscapes-Computer weist jedem neuen Thema (#Hashtag) nach einem festgelegten Algorithmus automatisch einen eigenen Klang zu, der immer wieder erklingt, wenn weitere Nutzer das Thema aufgreifen. Rund um die Uhr zischt, raschelt und blubbert es nun auf #tweetscapes.de. Neutral und basisdemokratisch, wie Nehls betont: »Jeder Mensch mit Internetanschluss kann 24 Stunden am Tag darauf zugreifen. Dabei bestimmt das Publikum jederzeit, was gespielt wird, denn das richtet sich zu hundert Prozent nach den Daten, die von Twitter gerade hereinkommen.« Unkontrollierbar und rasend schnell verbreitet Twitter nicht nur Nachrichten, sondern zugleich auch eine Weltanschauung, die mit seiner Nutzung einhergeht, findet Nehls: »Twitter ist ein Mittel der direkten Kommunikation von Mensch zu Mensch, ohne Filter, ohne Medien. Distanzen, Hierarchien und medial aufgeblasene Außendarstellungen haben dort kaum Platz. Ein Twitter-sozialisiertesVolk verlangt Echtheit, Menschlichkeit, das Stehen zu einer Meinung und vor allem die Möglichkeit zu Feedback und Mitgestaltung.« Auch wenn Nehls seine Kunst nicht als politisch intendiert versteht, macht #tweetscapes doch jene neuen, so intensiv genutzten Formen von Kommunikation sicht- und hörbar, und zeigt, »welches Potenzial, welche Energie und Macht in diesem und jedem anderen Volk steckt«. Jeder Volksvertreter, so Nehls, täte deshalb wahrscheinlich gut daran, mal einen Blick in diesen brodelnden Kessel zu werfen, auf dem er sitzt. |

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