





polar #13: Aufstand
EDITORIAL
AUSGEBLIEBEN
Sebastian Dörfler An die Arbeit Warum sich Bartleby selbst abschaffen müsste
| Micha Brumlik Aufstand nach Nirgendwo Vom Missverständnis des Politischen
| Thomas Biebricher/Marina Martinez Mateo Die Paradoxie des Intellektuellen Wissenschaft und öffentliche Intervention
| Interview Jodi Dean »Endlich wieder ›wir‹ sagen«
| Julian Bank Goliath stolpert, David schläft Aufstand, soziale Bewegungen und Zeitlichkeit
| Petra Hauffe/Judith Karcher Der ausbleibende Aufstand Von der selbstverschuldeten Unmündigkeit in der Finanzkrise
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Tobias PeterNutzlos, sich zu erheben?Über parasitären Widerstand | Die globalen Aufstände und lokalen Proteste von Al-Tahir bis Stuttgart 21 verdecken, dass in den zeitgenössischen Gesellschaften kaum etwas schwieriger zu realisieren scheint als Widerstand. Wenn Abweichungen sich lohnen, Kritik in Feedback umgewandelt wird und Alternativen nicht nur geduldet, sondern eingefordert werden, droht der Widerstand selbst zu einem prekären Akt zu werden. Über Aufstieg und Tragik parasitären Widerstands.
Dass es unnütz sei, sich zu erheben, weil doch alles beim Alten bleibe, dieser Haltung scheint sich die jüngste Gegenwart zu verweigern. Die zeitgenössischen Gesellschaften präsentieren sich erstaunlich konfliktiv: von den globalen Aufständen der arabischen Revolutionen, den diversen Varianten anti-kapitalistischer occupy-Bewegungen über die unzähligen Mikro-Proteste chinesischer Wanderarbeiter und die lokalen Proteste gegen einzelne Infrastrukturprojekte wie Stuttgart 21 - Widerstand erscheint nicht nur en vogue, sondern wirkmächtig. Es bleibt alles anders, also: nützlich, sich zu erheben?
Die globalen Aufstände und lokalen Proteste von Al-Tahir bis Stuttgart 21 verdecken, dass in der ›Gesellschaft der Gegenwarten‹ kaum etwas schwieriger zu realisieren scheint als Widerstand. Denn die diskursiven Großereignisse bestätigen mit ihrer Ausnahme nur die Regel. Die globalen Erhebungen und lokalen Proteste sind weniger die Renaissance einer widerständigen Politik als der Abgesang auf die wenigen noch vorhandenen Exemplare einer politischen Kultur, die es nicht verstanden hat, Opposition, Protest und Kritik machtförmig zu integrieren. In den demokratischen Normalverfahren geraten heute (potentielle) Widerstände zum Routinefall aufgeklärter Politik: studentische Proteste können in aller Regel mit dem Beifall von Universitätspräsidenten und Wissenschaftsministern rechnen, Einsprüche gegen Großprojekte werden in Planungszellen, Konsensuskonferenzen und anderen Arenen der deliberativen Demokratie entdramatisiert. Die postmoderne ›Legitimation durch Verfahren‹ kalkuliert Widerstand fest ein und weiß ihn entsprechend einzufangen.
Jenseits der politischen Prozesse wird den widerständigen Akten des Alltags erst recht der Schneid abgekauft. ›Der neue Geist des Kapitalismus‹ hat das kritische Denken der 68er längst adaptiert und in Büroetagen wie Managementliteratur implementiert. Eine kritische Haltung wird dem ›unternehmerischen Selbst‹ nicht nur erlaubt, sondern abverlangt. Supervision, Feedback und Evaluation stimulieren und kanalisieren in größeren Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen die unabdingbaren kritischen Potentiale, ohne die ›lernende Organisationen‹ kaum noch überleben können. Kulturelle Reservate des Widerstands werden indes rar: Die Zeiten, in denen Songs politisch sein konnten, ohne peinlich zu sein, scheinen unwiederbringlich - selbst offensiv politisch-unpolitischer Punk ist heillos kommerzialisiert, normalisiert und damit entpolitisiert. Also: nutzlos, sich zu erheben? Wenn Abweichungen sich lohnen, Kritik in Feedback umgewandelt wird und Alternativen nicht nur geduldet, sondern eingefordert werden, droht der Widerstand selbst zu einem prekären Akt zu werden, dem mit der Unberechenbarkeit auch die spezifische Kraft des Politischen abhanden zu kommen droht. [...]
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| Arnd Pollmann/Thomas Biebricher/Stefan Huster/Peter Siller Ist es links? >Negation<
| Ina Kerner Leben im Kapitalismus: >Terror, Chillen, Herrenschneider<
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