Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #13: Aufstand




EDITORIAL

 
Editorial
Peter Siller, Bertram Keller



AUSGEBLIEBEN

 
Sebastian Dörfler
An die Arbeit
Warum sich Bartleby selbst abschaffen müsste
 
 

Micha Brumlik

Aufstand nach Nirgendwo

Vom Missverständnis des Politischen


Unter linken Intellektuellen steigt der Verdruss über den politischen Betrieb, der sich von der Demokratie zur »Postdemokratie« hin zu verschieben scheint und die Sehnsucht nach einer »echten« kollektiven Willensbildung. In dieser Situation propagiert eine relativ neue Strömung politischer Philosophie die kategoriale Trennung zwischen »der Politik« und »dem Politischen«. Eine falsche Gegenüberstellung mit weitreichenden Folgen.

Der britische Politologe Colin Crouch bestimmt die »Postdemokratie« als »ein Gemeinwesen, in dem zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden, Wahlen, die sogar dazu führen, dass Regierungen ihren Abschied nehmen müssen, in dem allerdings konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte während der Wahlkämpfe so stark kontrollieren, dass sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben. Die Mehrheit der Bürger spielt dabei eine passive, schweigende, ja sogar apathische Rolle, sie reagieren nur auf die Signale, die man ihnen gibt. Im Schatten dieser Inszenierung wird die reale Politik hinter verschlossenen Türen gemacht: von gewählten Regierungen und Eliten, die vor allem die Interessen der Wirtschaft vertreten« (Crouch, Postdemokratie, 2008, S. 24).

Schon Jahre vor ihm hatte der französische Philosoph Jacques Rancière, ein bedeutender Repräsentant des neuen politischen Denkens, den Begriff »Postdemokratie« propagiert. Rancière ist fest davon überzeugt, dass die Institutionen des liberalen Parlamentarismus der Gegenwart tatsächlich nicht auf Dauer gestellt werden können. Vielmehr flammt die Demokratie nur kurzzeitig auf, um sodann wieder in gefestigte Institutionen überführt zu werden, die Rancière als »Polizei« bezeichnet. In diesem Aufflammen des Willens der jeweils »Anteilslosen« sieht Rancière verkörpert, was »Demokratie« ursprünglich bedeutete.

Der philosophischen Sache nach stellt die neue Strömung politischen Denkens kaum anderes dar als den verzweifelten Versuch, nach dem »Abschied vom Proletariat« (André Gorz) revolutionäres Denken ausgerechnet in der Spur des nationalsozialistisch kontaminierten Denkens von Martin Heidegger zu artikulieren. Das hat Gründe, die nicht zuletzt auf den erheblichen gesellschaftlichen Veränderungen basieren. Mit der Weiterentwicklung des Industrie- zu einem »digitalen« (Peter Glotz) und einem Dienstleistungskapitalismus, im Zuge der Vollendung des Weltmarktes in der Globalisierung, ist das vormalige historische Subjekt, die als »Proletariat« verfasste Arbeiterklasse, verschwunden, weshalb ein solides, dauerhaftes und schlagkräftiges Potential für revolutionäre Veränderungen nicht mehr prognostizierbar ist. In dieser Lage scheinen nur noch kurzfristige - auch differierende Interessen positiv aufnehmende - Bündnisse auf Zeit möglich, die, von einem je und je gebildeten radikalen Willen zu gesellschaftlichen Veränderungen in dieser oder jener Sphäre geleitet sind, ohne doch Dauer garantieren zu können. [...]


 
Thomas Biebricher/Marina Martinez Mateo
Die Paradoxie des Intellektuellen
Wissenschaft und öffentliche Intervention
 
Interview Jodi Dean
»Endlich wieder ›wir‹ sagen«
 
Julian Bank
Goliath stolpert, David schläft
Aufstand, soziale Bewegungen und Zeitlichkeit
 
Petra Hauffe/Judith Karcher
Der ausbleibende Aufstand
Von der selbstverschuldeten Unmündigkeit in der Finanzkrise
 
Tobias Peter
Nutzlos, sich zu erheben?
Über parasitären Widerstand
 
Arnd Pollmann/Thomas Biebricher/Stefan Huster/Peter Siller
Ist es links? >Negation<
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Terror, Chillen, Herrenschneider<



AUSGELÖST

Diese Seite steht zur Zeit nicht zur Verfügung.



GEPROBT

 
Diedrich Diederichsen
Der Imperativ des Authentischen
»Erfinde Dich halt- und bodenlos neu und verkörpere das so, als wäre das immer schon Deine Natur gewesen!«
 
Nicklas Baschek
Lieber peinlich als authentisch
Occupy und der gemeine Hipster
 
Nikolaus Müller-Schöll
Der geprobte Aufstand
Farce, Spaziergang, Hunger-Show
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Ein Nein aus fünf Fingern<



SCHÖNHEITEN

Diese Seite steht zur Zeit nicht zur Verfügung.


nach oben