polar #13: Aufstand
EDITORIAL
AUSGEBLIEBEN
AUSGELÖST
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GEPROBT
Diedrich Diederichsen Der Imperativ des Authentischen »Erfinde Dich halt- und bodenlos neu und verkörpere das so, als wäre das immer schon Deine Natur gewesen!«
| Nicklas Baschek Lieber peinlich als authentisch Occupy und der gemeine Hipster
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Nikolaus Müller-SchöllDer geprobte AufstandFarce, Spaziergang, Hunger-Show | Auf den diesjährigen 2. Mülheimer »Fatzer«-Tagen wird Brechts radikalster Stückentwurf über die gescheiterte Revolution nicht als Aufstand des Theaters gegen sich selbst gegeben, vielmehr kehrt die Tragödie als Farce wieder - in drei Variationen
Vom kommenden zum unmöglichen Theater »Fatzer« spielen heißt: den Aufstand proben. So könnte man zumindest zusammenfassen, um was es Bertolt Brecht geht, als er zwischen 1926 und 1931 am später aufgegebenen Stück mit dem Namen »Der Untergang des ›Egoisten‹ Fatzer« arbeitet. Wie der Titel schon andeutet, ist Brechts Ausgangspunkt das Ende. Der »Untergang des ›Egoisten‹ Fatzer«, so liest man, ist »eine Geschichte zwischen vier Männern (...), die mit dem völligen Untergang aller vier endete, aber inmitten von Mord, Eidbruch und Verkommenheit die blutigen Spuren einer Art neuen Moral zeigte.« Beim Spielen und mehr noch beim Ansehen des Stückes, so eine Formulierung Brechts, soll herausgefunden werden, was eigentlich geschehen ist. Und einer der vielen Varianten der Fabel zufolge, geht es dabei um vier Deserteure, die 1918 in Mülheim an der Ruhr auftauchen, wo sie sich unter Schwierigkeiten den Lebensunterhalt zu beschaffen versuchen, miteinander in Streit geraten, gleichwohl zusammenbleiben, »da ihre einzige Aussicht darin bestand, daß ein allgemeiner Aufstand des Volkes den sinnlosen Krieg beende und Desertation gutheiße. Zu viert hofften sie in diesem von ihnen erwarteten Aufstand mithelfen zu können.«
Mit dem »Fatzer« einher geht ein Aufstand gegen das Theater selbst: Brecht spielt mit diesem Text zunächst Möglichkeiten des epischen Theaters durch, arbeitet ihn später im Zuge der Arbeit am »Lehrstück« um und schreibt dafür neben Dialogszenen, chorischen Texten und Monologen auch theoretische Anmerkungen ökonomischer, politischer, soziologischer und anthropologischer Art, fügt mit Anstreichungen versehene Ausschnitte aus Texten der Zeit zum Material und vor allem umfangreiche Überlegungen zum Umbau des Theaters von einer Schauanordnung zu einer Spielanordnung: In einer als »großes Pädagogium« konzipierten Institution der Zukunft soll es keine Zuschauer mehr geben, sondern nur noch Spielende, die sich mit und im Spiel verständigen.
Nicht zuletzt probt der Autor des »Fatzers« selbst den Aufstand: In Brechts Worten: »so ist das fatzerdokument zunächst hauptsächlich zum lernen des schreibenden gemacht. wird es späterhin zum lehrgegenstand so wird durch diesen gegenstand von den schülern etwas völlig anderes gelernt als der schreibende lernte.« Es ist der Aufstand gegen jede Art des Auftrags, gegen Rücksichten auf das bestehende Theater und seine Erwartungen, gegen Literatur und ihre Gattungen, gegen alle Regeln und Traditionen. Als solcher Aufstand aber bleibt »Fatzer« vielleicht das wichtigste Vermächtnis Brechts - vor allem für diejenigen, die mit und nach ihm über das Verhältnis des Theaters zu jedem möglichen Aufstand nachdenken wollen. Gerade die Tatsache, dass »Fatzer« ein aus Brechts Sicht unmögliches Theater darstellt, lässt dieses Fragment gebliebene Stück aus der Distanz als einen der Texte Brechts erscheinen, die auf ein immer noch kommendes Theater verweisen, die größte Potentialität bergen, Möglichkeiten der Realisierung, an die Brecht noch nicht denken konnte. [...]
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| Martin Saar Bildpolitik: >Ein Nein aus fünf Fingern<
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