





polar #13: Aufstand
EDITORIAL
AUSGEBLIEBEN
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Interview Jodi Dean»Endlich wieder ›wir‹ sagen« | Jodi Dean ist nicht nur Professorin für Politische Theorie an den Hobart and William Smith Colleges sondern zugleich eine der exponiertesten KapitalismuskritikerInnen in den USA. Zuletzt veröffentlichte sie Democracy and Other Neoliberal Fantasies (2009) und Blog Theory: Feedback and Capture in the Circuits of Drive (2010). Demnächst erscheint ihr neues Buch The Communist Horizon. Robin Celikates und Thomas Biebricher haben nachgefragt: Hat die Rechte die Demokratie wirklich okkupiert? Müssen wir gar KommunistInnen werden? Und auch gleich in die Partei eintreten? Ein Gespräch mit ihr über Demokratie, Occupy und den Kommunismus.
polar: Ihres Erachtens ist die Demokratie so eng mit dem, was Sie ›kommunikativen Kapitalismus‹ nennen, verbunden, dass jeder Versuch seitens der Linken zum Scheitern verurteilt ist, sich diesen Begriff wiederanzueignen, ihm eine radikalere Bedeutung zu geben und ihn von den Wahlregimen repräsentativer Demokratien zu unterscheiden. Das scheint für viele auf der Linken nur schwer akzeptabel.
Jodi Dean: Es gibt eine Reihe von Gründen, warum ich diese Position vertrete. Erstens handelt es sich bei ›Demokratie‹ nicht mehr um einen Begriff der Kontestation. Rechts und links sind sich in Sachen Demokratie einig und verwenden eine demokratische Rhetorik, um ihre Positionen zu rechtfertigen. George Bush bombardierte alle möglichen Völker rund um die Welt im Namen der Demokratie. Wenn das Demokratie ist, dann handelt es sich nicht um eine Sprache, die die Linke verwenden kann, um egalitäre oder emanzipatorische Potentiale oder Hoffnungen zu formulieren. Ein zweiter Grund, der mit dem ersten zusammenhängt, besteht darin, dass es sich bei der Demokratie quasi um unser Umgebungsklima handelt - sie ist die Luft, die wir atmen, alles wird heute in demokratischen Begriffen formuliert. Und das führt uns zum dritten Grund: Die Rhetorik der Demokratie ist heute besonders stark in Kombination mit jener spezifischen Form des Kapitalismus, die ich als ›kommunikativen Kapitalismus‹ bezeichne, in dem die Ideale der Inklusion und der Partizipation - man muss andere die eigene Stimme hören lassen und seine eigene Meinung kundtun - auch von T-Mobile und Apple verwendet werden. Partizipation ist zur Antwort auf alle Probleme geworden. Wenn das der Fall ist, dann bricht man nicht mit der dominanten Sichtweise, sondern verstärkt sie nur, wenn man sich auf Partizipation beruft. Wenn Regierungen und Unternehmen uns dazu auffordern zu partizipieren, dann kann die Linke mit dem Bezug auf Partizipation und Inklusion dem nichts Signifikantes hinzufügen - denn das haben wir ja bereits. Um einen Bruch herbeizuführen, muss die Linke eine Sprache sprechen, die sich von der unterscheidet, in der wir uns bereits befinden.
polar: Die von Ihnen genannten Gründe für eine Abkehr vom Begriff der Demokratie hören sich primär strategisch oder politisch an. Aber ist es wirklich so, dass mit den radikaleren Demokratievorstellungen auf einer grundlegenden theoretischen Ebene etwas nicht stimmt?
Jodi Dean: Was mit der Demokratievorstellung auch der radikalen Demokrat_innen nicht stimmt, ist, dass sie den Kapitalismus fortbestehen lässt. Die Annahme scheint zu sein, dass das Problem des Kapitalismus entweder verschwinden oder sich selbst lösen wird, wenn wir nur genügend Demokratie haben - und das ist klarerweise falsch. Nehmen wir Ernesto Laclau und Chantal Mouffe: Deren Idee der radikalen Demokratie ist explizit so formuliert, dass Klasse nicht mehr als primäre politische Bestimmung fungiert. In der Tradition der Frankfurter Schule lässt Habermas den Kapitalismus im Rahmen seiner Unterscheidung von System und Lebenswelt unberührt. Dasselbe gilt auch für die Betonung der Zivilgesellschaft, die alle Fragen der Produktionsweise ausklammert. Der theoretische Grund für meine Skepsis besteht also darin, dass die Linke sich von einer Analyse und Kritik des Kapitalismus verabschiedet hat. [...]
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