Theater ähnelt mitunter dem Gang durch ein Spiegelkabinett: Befindlichkeiten, Pathologien, Neurosen und Gefühle werden verzerrt, aufgeblasen und überzeichnet. Solch ein Rundgang ist auch Falk Richters an der Schaubühne uraufgeführte Stück Fear, das das Publikum auf eine laute, schrill kreischende Achterbahnfahrt in die (Un-)Tiefen der Angst schickt. Der Angst vor Überfremdung und Überforderung, die in Europa eine Welle des Hasses, der Wut und Gewalt losgetreten hat, die den Menschen, die das Mittelmeer überlebt haben, hier mit voller Wucht entgegenschlägt. Den Flüchtlingen und dem Publikum. Im Takt dröhnender Technobeats donnert das Deutschtum in Schwarz-Rot-Goldenen-Lichtprojektionen und Parolen in akustischen Endlosschleifen über die Bühne. Zuckende, in den immer gleichen hastigen Bewegungen verhakte, an defekte Maschinen erinnernde Körper und die von Szene zu Szene hetzenden Schauspieler spiegeln die Hitze des Gefechts und die Erregtheit der Gemüter wider und ziehen die Zuschauer in ihren Bann.
Nach der Pause allerdings verheddert sich das Stück in einer hysterischen tiefenpsychologischen Spurensuche nach den Ursprüngen des Hasses, die Richter als großen Klamauk in Szene setzt. Leider, denn im Rausch der Lächerlichkeit gehen gewichtige Einsichten sang- und klanglos unter, die eine ernsthafte Auseinandersetzung verdient hätten. Allen voran, dass die Hass- und Hetztiraden, die AfD und Pegida in die Welt hinaus krakeelen, nicht Ausdruck einer tiefsitzenden Angst, sondern einer bloßen Menschenverachtung sind. Dass sich Falk Richter stattdessen auf die alten Rollenmuster einschießt, von denen sich unsere liberal-tolerante Gesellschaft emanzipiert hat, ist für die Debatte über den Umgang mit Rechtspopulisten in Deutschland und Europa äußert bedauerlich. Zumal seine Selbstreflexion als blasses Erinnerungsmedley daherkommt, das weder der Bildgewalt des Anfangs noch den bösen Geistern der Vergangenheit etwas eindringlich Gutes entgegen zu setzen vermag. Wer ins Spiegelkabinett geht, ist auf Zerrbilder gefasst.