Mit den Experten in der Politik ist es so eine Sache - sicher haben sie einen Einfluss, nur wie hoch der wirklich ist, wird in der Politikwissenschaft seit jeher diskutiert und ist wohl auch eine Frage der Stimmungen. Eine sehr schöne Illustration (auch im wörtlichen Sinne) bietet hierzu die formidable Graphic Novel Quai d'Orsay aus der Feder von Christophe Blain und Abel Lanzac. Letzterer heißt eigentlich Antonin Baudry und war bis 2015 Diplomat im Dienste des französischen Außenministeriums. In dem Buch berichten Blain und Lanzac von den Erlebnissen des jungen Arthur Vlaminck als Redenschreiber im französischen Außenministerium. Der Minister Alexandre Taillard de Vorms (ein klasse Name!) ist eine herrliche Kreatur - riesenhaft, mit einer unglaublich großen Nase und von einer Energie eines Président Bling-Bling. Was seine politische Ausrichtung angeht, ist er deutlich am Vorbild des ehemaligen französischen Premiers Dominique de Villepin gezeichnet, vor allem aber ist er sowohl politisch wie auch in der Zeichnung nur als Schema erkennbar - im Gegensatz zu den anderen, feiner gezeichneten Charakteren. Diese anderen sind neben dem Protagonisten vor allem die Regionalexperten, die treuen Diener des Diplomatischen Corps, die ihre Expertise eifersüchtig bewachen. Und gerade diese Expertise trifft nun auf den impulsiven und machtbewussten Charakter des Ministers. Er wischt sie ebenso gern weg wie die Redeentwürfe des armen Vlaminck, vertraut eher seinem Bauch als den Fachleuten und überlässt Probleme auch gern seinem armen Stabschef. Dabei ist er aber nicht nur eine Karikatur, sondern wird als ambivalente Figur dargestellt, mit der Leserinnen und Leser sogar irgendwie sympathisieren können, weil auch er hin- und hergerissen ist zwischen politischen Alternativen. Und gerade darin liegt die eigentliche Würze der Geschichte, denn sie zeigt, wie Politik auch funktioniert bei aller expertengestützten Alternativlosigkeit - immer der Nase nach.