





polar #19: Krieg und Frieden
EDITORIAL
INTERVENTION
INVENTUR
INTROSPEKTION
SCHÖNHEITEN
Patrick ThorDas höchste SpielVon der Welt als Western: Cormac McCarthys Blood Meridian Or The Evening Redness in the West | Dass er seiner politischen Friedensschrift einen makabren Witz voranstellt, ist Kant bewusst: Er nennt sie »Zum ewigen Frieden« und führt unser Denken damit nicht nur zu den Höhen einer zivilisatorischen Utopie, sondern auch zwischen die Steine eines Friedhofs. Die Kraft des Kriegs ist verheerend; doch im Paradies der totalen Eintracht droht Stillstand, hier könnte alles auf ewig in Frieden ruhen. Ausgerechnet Kant evoziert ungewollt jenes nietzscheanische Dogma, dass am Ende allen Kämpfens und Überwältigens der Tod des Lebens(willens) stünde. An diese dialektische Pointe knüpft Cormac McCarthys Roman Blood Meridian an - dort heißt es: »Der Krieg stellt der Macht des einen die Macht des anderen gegenüber, gelenkt von einer höheren Macht, die [...] genötigt ist, eine Auswahl zu treffen. Krieg ist das höchste Spiel, denn Krieg stiftet letztendlich die Einheit des Lebens. Krieg ist Gott.«
McCarthy führt uns in den wildesten Teil des Westens, zu jenen Kopfgeldjägern, die im neunzehnten Jahrhundert die texanisch-mexikanische »Wildnis« erschlossen, indem sie in staatlichem Auftrag Indianer skalpierten. Vor der Kulisse einer in tausend Farben schillernden Wüste beobachten wir reitende Desperados. Ihr Handeln sagt nicht, was sie fühlen und ihre Worte zeigen nicht, was sie denken. Wir verstehen sie dennoch: Auf ihrem brutalen Werk sind die Zivilisationen gebaut. Sogar im weiten Freiraum karg besiedelter Wüsten existiert ewiger Friede nur in Form enthaupteter Torsi. Dieser Ritt handelt nicht nur von verdrängten Massakern im Herz der US-amerikanischen Westernromantik: McCarthys Evening Redness ist eine Dämmerung, deren Blutlicht die versandeten Fundamente der westlichen Gesellschaft entblößt. |

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