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Der Comic als Medium bietet eine wunderbare Fläche, um den Möglichkeiten der Drastik in der Darstellung sozialen Handelns zu frönen. Zugegeben, in der reinen Prosa können wortgewandte Autorinnen und Autoren auch den Effekt provozieren, das Buch angeekelt oder einfach baff beiseite zu legen. Aber die Wirkung der Drastik ist eben doch eher indirekt, im Regelfall nicht ganz so plastisch wie in der Zeichnung. Im Film wiederum ist sowieso alles möglich, aber auch nur dank einer Armada von Spezialeffekten, die Sägen im Kopf oder abgehackte Schwänze wirklich eklig aussehen lassen. Der Comic aber bietet all die Freiheiten des Films, ohne jemandem bei der Herstellung weh tun oder mit der entsprechenden Software nochmal drüber gehen zu müssen. Nicht umsonst gab es immer schon Comics, die relativ flott auf dem Index gelandet sind, weil sie eben entweder ein bisschen zu gewalttätig oder zu explizit in der Darstellung von Sex waren.
Auch Milo Manara wird immer wieder vorgeworfen, dass seine Zeichnungen etwas zu heftig und irgendwie auch krass sexistisch sind. Sicherlich hat er in fast allen seinen Werken, ob allein oder als Co-Autor die Regel beherzigt, dass mindestens eine vollbusige Frau nackt beim Sex gezeigt werden muss. Außerdem hat er offensichtlich Freude daran, Gewalt explizit zu zeichnen und dabei recht drastisch zu sein. So etwa in der wunderbaren Quadrologie über die Borgia-Päpste und -Familie, die Manara gemeinsam mit Alejandro Jodorowsky geschrieben hat. Hier wird gemordet, verstümmelt und gevögelt, was das Zeug hält. Vor allem die Männer bringen sich gegenseitig auf herrlich derbe Weise um und sind ansonsten von schönen Frauen umgeben, die um einiges schlauer und stärker sind. So historisch wacklig die Geschichte auch sein mag, gerade die krassen Bilder machen aus Manara einen Meister der historischen Kritik: Wie er die höfische Gesellschaft des Mittelalters in nur wenigen Bildern zusammenfasst und dabei deutlich macht, wie völlig bescheuert die maschilistische Welt ist, ist nicht nur in Comic-Welten ziemlich unerreicht.
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