





polar #13: Aufstand
EDITORIAL
AUSGEBLIEBEN
AUSGELÖST
Tasos Telloglou Die Gerechtigkeitslücke Revolte gegen das Ende eines geliehenen Lebens
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| Hany Darwish Der Verrat Ägypten nach der Revolution: Ein Bericht aus Kairo
| Naji al-Baghuri Am Rande des Abgrunds Der Wandel Tunesiens: Ein Bericht aus Tunis
| Michael Lidauer Revolution von oben? Myanmar auf Reformkurs
| Felix Lutz Zwischen Tea Party und Occupy Der aufbruchslose Aufstand in den USA
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Eddie HartmannMoralische Auszeit und soziale RevolteDie gewaltsamen Aufstände in Frankreich und Großbritannien | Gewaltsame Aufstände in Europas Großstädten rücken seit einigen Jahren immer wieder ins Blickfeld von Politik und Öffentlichkeit. Die brennenden französischen Vorstädte im Jahre 2005 und die Gewaltausbrüche in britischen Städten im vergangenen Jahr sorgten dafür, dass auch in Deutschland hitzige Debatten darüber einsetzten, ob ähnliche Dinge auch hierzulande möglich oder gar wahrscheinlich wären. Dabei helfen aber ad-hoc-Erklärungen nur wenig, vor allem sollte aber nicht aus dem Blick geraten, dass es sich bei beiden Fällen um sehr unterschiedliche Mechanismen der Gruppenbildung handelte, die auf deutliche Unterschiede in beiden Gesellschaften verweisen.
Pathologisierung und Rehabilitierung Im Herbst 2005 erfasste eine Welle sozialer Unruhen ganz Frankreich, kurz nachdem der Tod von zwei Jugendlichen aus der Pariser Vorstadt Clichy-sous-Bois zu tagelangen gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Jugendlichen aus Clichy und der französischen Polizei führte. Im vergangenen Jahr schließlich sorgten die gewaltsamen Plünderungsarien in Großbritannien dafür, dass die Debatte um mögliche Ursachen für derart unerwartete Gewaltausbrüche die Gemüter erneut erhitzte. Die Gewalteruptionen in zahlreichen britischen Städten waren kaum vorüber, da nahm der Streit um die richtige Auslegung der Geschehnisse erst richtig Fahrt auf. So verwies der britische Premier David Cameron in einer öffentlichen Stellungnahme vom 15. August 2011 auf eine Art moralischen Verfall der Gesellschaft: Kulturelle Verwahrlosung, Egoismus und Verantwortungslosigkeit in einer »kaputten Gesellschaft« seien die Ursache für diesen Ausbruch kollektiver Gewalt. Doch helfen solche ad-hoc-Erklärungen wirklich weiter, um so irritierende Ereignisse zu verstehen?
Die Erklärungskraft einer kollektiven Pathologisierung, wie David Cameron sie lieferte, ist wohl eher skeptisch zu bewerten. Sie entspringt in erster Linie einem ideologischen Reflex, der sich in politischen Deutungskämpfen dieser Art immer wieder beobachten lässt und der einem bekannten Muster folgt. Die ideologische Frontlinie verläuft dabei üblicherweise zwischen der politischen Diskreditierung der Gewaltakteure einerseits und ihrer politischen Rehabilitierung andererseits. Der wohl berühmteste Diskreditierungsversuch stammt von Ex-Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der damals als französischer Innenminister für Schlagzeilen sorgte, als er die Unruhestifter als »Gesindel« (racaille) bezeichnete, das mit dem Hochdruckreiniger zu entfernen sei. Auf der anderen Seite des ideologischen Grabens stehen in der Regel Bemühungen, die Akteure politisch zu rehabilitieren und ihr Gewalthandeln als soziale Revolte darzustellen. Ursache der Gewalt sei demnach ein ungebremster Kapitalismus, der in Form von Krisenerscheinungen wie Perspektivlosigkeit, wachsender Armut und sozialer Haltlosigkeit besonders in marginalisierten Bevölkerungsteilen den Nährboden für irrationales Wuthandeln bereite. [...]
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GEPROBT
SCHÖNHEITEN
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