





polar #12: Eine für alle
EDITORIAL
VERSAMMLUNG
ZERSPLITTERUNG
UMGEHUNG
SCHÖNHEITEN
Christian Frühm American Dystopia Goddamn City: Dämonische Städte in der amerikanischen Literatur
| Anna-Catharina Gebbers Tonspuren Gegen das Vergessen: Memory Loops von Michaela Melián
| Leo Lencsés Nackte Stadt Schlecht ausgeleuchtet: Christopher Wools Künstlerbuch East Broadway Breakdown
| Jan Engelmann Gangster’s Paradise Raumausstatter im großen Haus: Die TV-Serie The Wire
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Christoph RaiserReizüberflutungTrost für die Unverstandenen: Georg Simmels Die Großstädte und das Geistesleben | Dass die Großstadt eine permanente Reizüberflutung darstellt, ist erstmal nichts weiter als ein öder Allgemeinplatz, der im Gespräch geäußert meist dazu führt, von den anderen Gesprächsteilnehmern belächelt zu werden: Na, noch nicht lang in der Großstadt, wie? Diese Reaktion wiederum ruft den Ärger des Unverstandenen hervor, der seine Gesprächsteilnehmer als hochnäsig empfindet, denn schließlich IST die Großstadt eine permanente Reizüberflutung. Der Unverstandene aber darf ausgerechnet bei einem Ur-Berliner auf Verständnis hoffen, denn in dem kurzen Essay Die Großstadt und das Geistesleben beschrieb der Soziologe Georg Simmel schon 1903 sehr deutlich die Charakteristika des Großstadtbewohners: Der Geist des Individuums, das sich in der Stadt aufhält und bewegt, kreiere den sachlichen Verstand als Bollwerk eben gerade gegen die Reizüberflutung und lasse ihn Unterschiede nivellieren, um besser damit umgehen zu können. Das führe zur »Blasiertheit« der Großstadtbewohner, die sich in unserem Beispiel in der hochnäsigen Frage äußert.
Die Großstadt, so Simmel weiter, fördere auch andere soziale Prozesse wie den der Individualisierung. Die Bewohner der Stadt müssten sich einerseits mehr und mehr auf sich selbst zurückziehen, gleichzeitig schenke die Stadt eben denselben Individuen auch die Möglichkeit, sich bis zur Exzentrizität zu entfalten. Kurzum: Simmel zeichnete das Wohl und Übel der Stadt nach, das sich bis heute in seinen Grundzügen nicht sonderlich verändert hat. Sicherlich sind das heute keine bahnbrechenden Erkenntnisse mehr, aber neben dem Trost für die Unverstandenen lässt sich festhalten: Simmel wusste bereits 80 Jahre vor anderen, was Individualisierung heißt. |

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| Kerstin Carlstedt Müll und Menschen 12 Schicksale: Megacities – Michael Glawoggers Geschichten vom Überleben
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